von Tessa Günther
Berufswahl Fotografie
…dem Herzen folgend
Wie kam es dazu, dass Du Dich für diesen Beruf entschieden hast?
Ich habe davon geträumt.
Mitte der 11. „schmiss“ ich die Schule, wollte eigentlich Grafik-Design studieren. Stattdessen landete ich in einem Anwaltsbüro. Nach 11 Jahren als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, zuletzt in einem Büro in Hamburg, erinnerte ich mich plötzlich, dass die Arbeit im Büro doch nie das war, was ich immer wollte. Lange hatte ich mich dann mit der Frage beschäftigt, in welchem kreativen Beruf ich mich jetzt vorstellen könne und bekam in einem Traum die Antwort. Fotografie, von der früher nie die Rede war, war nun das, was meinen Drang nach Kreativität ermöglichen sollte.
Hast Du für Deinen Beruf studiert und/oder eine Ausbildung gemacht?
Keins von beidem.
Ich wollte es lernen, bei einer Fotografin, die für mich sehr beeindruckend war. Inge Techau aus Neumünster. Ihre Fotos hatten immer eine Aussage für mich. Leider war es ihr nicht mehr möglich mich auszubilden. Also entschied ich, auf ihre Empfehlung hin, an eine renommierte Fotoakademie zu gehen, an der ich auch 3 Monate Fernlehrgang absolvierte. Am ersten Schultag an der Akademie war mir jedoch klar, dass dies für mich noch nicht das richtige war.
Wie ging es dann für Dich weiter?
Ich hatte bei verschiedenen Fotografen angefragt, ob sie mich ausbilden könnten. Der erste war ein in der Branche sehr bekannter Fotograf, bei dem schon viele Prominente ein- und ausgegangen sind. Er hatte ein Studio in New York und machte schwarz-weiß Fotografien, wie ich sie mochte. An einer Ausbildung im Ausland war ich zu diesem Zeitpunkt ebenso interessiert. Es hätte also sehr gepasst. Doch war dies 2001, kurz vor dem Anschlag am 11. September. Nachdem dieser passiert war, kam New York nicht mehr in Frage und ich lies den Gedanken, mich bei ihm zu bewerben, wieder los.
Durch einen unglaublichen Zufall geriet ich dann aber doch in sein Studio, und zwar in Deutschland. Ein Satz, den ich mir zu Herzen nahm und der mir heute noch sehr wichtig ist, stammt von ihm: „Das einzige Geheimnis ist, die Kamera nicht mehr aus der Hand zu legen“. Für mich war er ein faszinierender Fotograf, nichtsdestotrotz entschied ich mich dafür, auch bei ihm keine Ausbildung zu beginnen.
Ich war also weiterhin auf der Suche mehr über die Fotografie zu erfahren und geriet so zu einer Fotojournalistin, mit der ich ein gutes dreiviertel Jahr unterwegs war. Ich bin mit ihr in dieser Zeit viel herum gekommen. Dieses Jahr war bis dahin das schönste Berufsjahr für mich gewesen, da es mir gezeigt hatte, dass die Fotografie genau das Richtige für mich ist.
So wie der Fotograf es mir geraten hatte, legte ich die Kamera nicht wieder aus der Hand und brachte mir somit die Fotografie selbständig bei. So brauchte ich 7 Jahre zum Erarbeiten der Fotografie und nicht wie gewöhnlich 3, aber dafür tat ich dies so wie es für mich am Besten war.
Wie hast Du Dir diese Zeit finanziert, hast Du noch weiter in der Anwaltskanzlei gearbeitet?
Nein, es gab für mich Umstände, die mir meine „Selbstausbildung“ ermöglichten. Ich kann sogar sagen, dass ich in der Anwaltskanzlei mit Geld unglücklicher war, als ohne Verdienst in der Erarbeitung meiner Fotografie.
Wann kam es dazu, dass Du Dich selbständig gemacht hast?
Der richtige Zeitpunkt mich selbständig zu machen, war für mich der, als ich selber wusste, dass ich jetzt bereit dafür bin. Also ging ich zur Agentur für Arbeit und fragte, ob sie mich fördern könnten und so kam es zu meiner Selbständigkeit 2008.
Hast Du bei Deinem heutigen Beruf geregelte Arbeitszeiten?
Nein, eher nicht. Ich habe dem Spruch „Wenn man selbständig ist, ist man selbst und ständig“ nie geglaubt, bis ich selbst eigenständige Fotografin wurde. Es stimmt wirklich. Es ist komplett anders als in einem Betrieb angestellt zu sein, wo die Arbeitszeiten vorgegeben sind.
Hast Du immer noch Spaß am Fotografieren oder ist es für Dich nur noch ein Beruf?
Ich mag Deine Frage. Ja, ich habe noch immer Spaß am Fotografieren. Das ist das, was mein Mann und ich bis an unser Lebensende machen wollen. Wenn es tatsächlich mal keinen Spaß mehr macht, ist es uns wichtig, nach dem Grund zu suchen und daran zu arbeiten.
Woher bekommst Du Deine Ideen für Deine Bilder? Wer oder was inspiriert Dich?
Mein Lieblingsmotiv sind die Menschen und jeder, der sich vor meine Kamera traut, inspiriert mich. Meine Ideen entstehen im Zusammenspiel mit den Menschen, die ich fotografieren darf.
Die letzte Frage: Mich würde interessieren, ob Du Deinen Berufsweg nochmal genauso wählen würdest?
Auf alle Fälle, ganz genauso! Jedes dieser Ereignisse und Begegnungen waren wertvoll für mich und haben mich weiter gebracht.
Das Interview wurde geführt von Tessa Günther in der Fotokunstschmiede der Fotokünstlerin und ihres Mannes, Chris Manteufel. Die Fotokunstschmiede ist die kleine, aber feine Galerie der beiden Künstler, welche künftig zu einem Ort der Begegnung für Fotografieliebhaber und Interessierte werden soll. Neben regelmäßigen Fotografieausstellungen eigener freier Arbeiten von Tania und Chris Manteufel mit Landschaftsmotiven aus der Region sowie eigener Kunstprojekte sind weitere Veranstaltungen geplant, die den Menschen der Region und Urlaubern gleichermaßen ein schönes Ausflugsziel bieten. Darüber hinaus gehören Kalender und Postkarten eigener Arbeiten sowie kleine regionale Schätze zum weiteren Angebot.